Besserwisser-Blog? Was soll das?

„Du machst einen Blog? Über was denn?“ – das war immer die erste Frage, wenn das Gespräch auf Pläne und Zukunft zu sprechen kam, und ich meine Ambitionen preisgab. „Tja, naja, so alles irgendwie.“ – genauer konnte ich das nicht einkreisen. „Über den Widerspruch zwischen Meinung, Wissen und Handeln der Menschen im Alltag, so in die Richtung…“ „Ah, ok.“ Kopfnicken. Fragezeichen.

„Also, zum Beispiel: wir haben uns vor 13 Jahren einen Hund zugelegt. Damals haben wir uns, nachdem die Entscheidung klar war, erst einmal mit Büchern zum Thema Hund und dessen Bedürfnisse eingedeckt. Wie man das so machen sollte. Es gibt ja immer so Alltagswissen, und das ist nicht immer das Richtige, trotz dass es in den meisten Köpfen vorhanden ist. Unseren erste Grundsatzdiskussion hatten wir dann mit den Besitzern der Hundemutter: wir hatten gelesen, dass Nassfutter immer dem Trockenfutter vorzuziehen sei: weil es weniger Konservierungsstoffe und Abfälle enthält, und es aus diversen Gründen natürlicher ist und gesünder ist.

Die andere Seite, langjährige Hundebesitzer, hatte es andersherum behauptet: in den Dosen seien sehr viele Konservierungsstoffe, und das Trockenfutter sei viel gesünder. Wir hatten ihr alteingebrachtes „Wissen“ in Frage gestellt, die Reaktion war abwehrend und unnachgibig. Bücher oder Internetseiten zum Thema hatten sie selbstverständlich nie gelesen. Was macht man dann? Man findet sich innerlich damit ab, den anderen das erklären zu wollen, und beschließt, es halt selbst zu beherzigen, und die anderen es so machen zu lassen, wie sie meinen.

Das war dann beim Thema Halsband dann das selbe: wir haben gelesen, dass ein Halsband sowohl den Kehlkopf und die Schilddrüse als auch die Halswirbelsäule belasten würden. Wir sind dann zügig auf ein Geschirr umgestiegen – eines, das die Bewegungsfreiheit nicht behindert und an der richtigen Stelle sitzt. Dann bist du draußen unterwegs, und siehst fast nur Hunde mit Halsband, und oft röcheln sie vor sich hin, während die Leine straff ist. Aber was soll man tun? Man wird nicht jeden Hundebesitzer darauf ansprechen, und ihn aufklären wollen, das nervt ja einfach. Also: einfach selbst das Richtige tun, die anderen machen lassen.“

Diese Beispiel habe ich mittlerweile oft für den Einstieg ins Gespräch gewählt. Ich höre dann Zustimmung, und weitere Beispiele: „Ja genau, ich muss mit meiner Mutter ständig die „Erziehung“ meiner Kinder und bestimmte Grundsätze in dem Thema diskutieren. Dabei habe ich zig Bücher dazu gelesen, und verfolge die entsprechenden Blogs im Internet.“ oder „Ja, ich habe ständig Diskussionen was die Ernährung und die Gesundheit angeht, da interessiere ich mich schon lange, und kenne mich ganz gut aus – aber man muss immer gegen alte Gewohnheiten an diskutieren.“ und so weiter.

Und dann versuche ich das Thema „Blog“ weiter einzukreisen: „Siehst du und darum geht es mir. Ich weiß nicht, wie ich das so auf die Schnelle in einen passenden Begriff verpacken soll. Nimm alle möglichen Themen: Politik, Wissenschaft, Gesundheit, Gesellschaft, Medien, Umwelt oder das Leben an sich. Viele habe da Einstellungen, die sich widersprechen, einfach weil sie sich dazu noch keine Gedanken gemacht haben. Was ich machen möchte: Alltagswissen mit den Fakten abgleichen, und vielleicht einige Menschen zum Umdenken zu bewegen. Denn es gibt jede Menge Probleme im Kleinen wie im Großen, die dringend angepackt werden müssen. Und ich bin der Meinung, es ist zum großen Teil nur mangelnde Information, die alles so laufen lässt wie es läuft…“

Die Meinungen der Masse sind Gespenster, mit denen man Kinder erschrecken kann.

Sokrates

Fakt ist, dass Menschen sich mit unzähligen Dingen „auskennen“ – seien es Serien, Sport, Autos, Musik, Filme oder eine Sammelleidenschaft. Des Weiteren haben fast alle irgendeine Art von Fachwissen aus ihren jeweiligen Bildungs- und Arbeitshintergründen. Und da unsere Welt immer pluralistischer wird, werden die Menschen auch immer spezialisierter in ihrem Wissen und ihren Interessen. Es hat also ein jeder Mensch seine „Fachgebiete“, in denen er sich auskennt und anderen eine „Meinung“ zu bestimmten Themen vertreten kann, die auf „Fachwissen“ aufgebaut ist. In anderen Bereichen ist jeder von uns auf das „Fachwissen“ von anderen Menschen angewiesen.

Nun gibt es Themenbereiche, in denen „wir“ uns im Alltag immer auf die „Fachleute“ verlassen – was zumeist mit Wissenschaft und Techik zu tun hat – und andere Themen, zu denen einfach Jedermann*frau eine mehr oder wenige feste und detaillierte Meinung hat – zum Beispiel in politischen oder gesellschaftlichen Fragen. Erschreckend ist hierbei, dass ein zu großer Teil der Menschen sich zwar mit Serienhelden oder Medienstars bestens auskennt, nicht jedoch bei den Themen, die sie jeden Tag betreffen und ihr Leben täglich beeinflussen: wie wir regiert werden und warum, wie das Wirtschaftssystem funktioniert, wie das Bankensystem funktioniert, warum technischer Fortschritt und Politik Hand in Hand gehen, welche globalen Veränderungen stattfinden – kurz alles, was sich kurz- oder langfristig auf den Ablauf und den Inhalt unseres Alltagslebens auswirkt.

Andersherum hat der selbe Anteil an Personen zu eben diesen Themen, mit denen sie sich im Grunde nicht wirklich beschäftigen, eine oft sehr feste und genaue Meinung, die dann auch noch ohne Wenn und Aber gegen faktenbasierte Argumente verteidigt wird.

Es gibt jedoch auch oft, besonders wenn die Politik ins Spiel kommt, das gegenteilige Beispiel: von der sogenannten öffentlichen Meinung wird eine Art Hauptströmung geformt, der „Mainstream“, und Menschen, die faktenbasiert gegen diese Hauptströmung „anschwimmen“, werden von der einer vermeintlich einvernehmlichen Mehrheit als Störenfriede und dergleichen gebrandmarkt. Hier können zum Beispiel veraltete, aber breit vertretene Ansichten auf zeitgemäße, aber wenig akzeptierte Meinungen treffen – wie zum Beispiel der Umweltschutz in der Politik damals in den 1980er Jahren.

Optimismus ist nur Mangel an Information!

Heiner Müller (1929 – 1995), einer der bekanntesten Dramatiker der DDR

Mit meinem Blog möchte ich dazu anregen, Meinungen und deren Ursachen näher zu beleuchten, und Widersprüche zu Tage befördern, die zu erkennen wichtig ist, wenn man sein Handeln und Denken konsequent und geradlinig strukturieren möchte.

Ich habe zur Orientierung drei Menüpunkte mit Auszügen aus Wikipedia in den Blog eingebaut – die zu jedem Thema und zu jeder Diskussion berücksichtigt werden sollten: „Besserwisser“ zum Namen des Blogs und zum Thema „kognitive Dissonanz“, „Argumente“ zum Abgleich der eigenen Argumentation und „öffentliche Meinung“ als Verweis darauf, dass „Meinungen“ kursieren, die mit „Fakten“ nicht viel zu tun haben.

Im Laufe der Zeit werde ich das vielleicht ändern oder erweitern – für den Moment sollte es genügen: diese Punkte sollen zu jedem meiner Beiträge und, noch wichtiger, zur jeder Reaktion und jedem Gedanken dazu berücksichtigt werden.

So, ich hoffe das genügt für’s Erste, und ich konnte verständlich machen, worum es gehen soll. Packen wir’s an! 🙂


Wie wenige Menschen, auch die tapfersten, haben jemals den Mut, klar einzugestehen, ihre Anschauung von gestern sei Irrtum und Unsinn gewesen.

Stefan Zweig (1881 – 1942), österreichischer Schriftsteller

Author: Der_Besserwisser

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